Schwarzer Tourismus – Ist dieser Tourismuszweig ethisch vertretbar?

Teil 2

Wie du bereits im letzten Blogbeitrag gelesen hast, kann man den Begriff schwarzer Tourismus sehr weit spannen. Vom Besuch auf dem Friedhof bis zur Anbetung von Santa Muerte kann man alles zu diesem Tourismuszweig zählen. Wir selbst ziehen in unserem Kopf eigene Grenzen wo schwarzer Tourismus anfängt und wieder endet.

Es gibt jedoch eine Abgrenzung, die von beinahe allen Dark Tourists getroffen wird: Sie trennen Katastrophen-/Armentourismus und Dark Tourism ganz klar voneinander.
Für sie ist schwarzer Tourismus nichts Verwerfliches, in Armenviertel Touren zu machen um das Leid anderer Menschen zu sehen allerdings schon.

Also:

Wie ethisch vertretbar ist schwarzer Tourismus?

Ich gebe dir nun einfach meinen Eindruck wieder, den ich während meiner Recherche gewonnen habe.

Schwarzer Tourismus hat auf jeden Fall den Vorteil, dass Menschen sich  direkt mit dem Tod auseinandersetzen. In einer Welt, in der wir oft bewusst von unserer Sterblichkeit abgelenkt werden und unsere Gesellschaft alle Maßnahmen ergreift um für immer zu leben, finde ich es sehr sinnvoll – bis zu einem gewissen Grad sogar wichtig – dass wir uns mit der Sterblichkeit beschäftigen.

Außerdem kann es sehr lehrreich sein Orte wie Auschwitz zu besuchen, um sich die tragischen Taten der Menschheit bewusst zu machen. Der Besuch von Kriegsschauplätzen etc. kann unseren Horizont erweitern und uns helfen Respekt gegenüber tragischen Ereignissen zu entwickeln. Denn das persönliche Erleben erzeugt bei vielen Menschen ein ganz anderes Gefühl als eine Dokumentation im Fernsehen anzusehen – die Distanz ist plötzlich weg.

Unter Kritik steht der schwarze Tourismus deshalb häufig, weil die Reiseziele durch Geschäftemacherei, Selfies und die Ergötzung am Leid anderer entweiht werden könnten. Und dieses Gegenargument kann ich sehr gut nachvollziehen.

Dark Tourism betrifft uns häufiger als wir denken.

Ich frage mich selbst oft: Warum muss ich mir ein Souvenir kaufen, wenn ich einen dieser tragischen Orte erkunde? Immerhin wird mir dieser Besuch mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ohnehin in Erinnerung bleiben. Vielleicht kann ich diejenige sein, die kein Erinnerungsstück kauft und somit keine neuen Verkäufer motiviert sich dort niederzulassen.

Denn wenn diese Orte von Tourismusgruppen überlaufen werden, ist es sehr schwierig lehrreiche Besuche aus den Besichtigungen zu machen. Ich denke, dass nur wenige Menschen Schlechtes im Sinn führen, wenn sie die Geschäfte vor Ort unterstützen, aber man muss sich stets bewusst sein welche Auswirkungen das eigene Handeln haben kann.

Wichtig ist hier, dass man sich selbst an der Nase nimmt und sich fragt:
Warum besuche ich diesen Ort? Würde es einen großen Unterschied machen bloß eine Dokumentation im Fernsehen anzusehen? Brauche ich diese Besuche, weil ich dabei einen Kick verspüre, der sonst in meinem Leben ausbleibt? Muss ich wirklich vor einer Unglücksstelle ein Selfie machen oder kann ich aus Respekt das Foto an einem anderen Ort schießen?

Stelle dir diese Fragen und sei dir deiner Intention bewusst. Wichtig ist, dass man respektvoll bleibt und diese Orte aus guten Beweggründen besucht und nicht, weil man Spaß am Leid anderer hat.

Sich aber abschrecken zu lassen und nie wieder einen Ort zu besuchen, der als Dark Tourism Place angesehen wird, macht meiner Meinung nach keinen Sinn. Einige dieser Orte können uns bestimmt positiv inspirieren. Damit meine ich, dass wir uns vornehmen bessere Menschen zu werden. Diese Orte können uns zeigen wie Nahe Tod und Leben doch beieinander liegen.

Ob Katastrophen- oder Armentourismus lehrreich sein kann, kann ich euch nicht sagen. Natürlich ist es immer gut, wenn Menschen beschließen hinzusehen und zu verstehen warum andere in bestimmten Umständen leben und wie man sie womöglich unterstützen könnte. Ob es dafür wirklich einer Tour durch diese Orte bedarf, ist zu bezweifeln. Die Frage ist auch: Würden die Einwohner eine Tour begrüßen? Wer möchte denn am Präsentierteller bestaunt werden und das eigene Leid zur Attraktion werden lassen?

Schwarzer Tourismus kann lehrreich sein.

War ich schon einmal Dark Tourist bzw. würde ich gerne eine schwarze Touristin sein?

Wie wir bereits im letzten Blogbeitrag festgestellt haben, ist es sehr schwierig noch kein Dark Tourist gewesen zu sein, wenn man betrachtet was alles zum schwarzen Tourismus zählt.

Tatsächlich war ich schon recht oft Dark Tourist, aber so wie die meisten von euch: unbewusst.
Alleine wenn man Städtereisen macht, besucht man auch Orte, die zur tragischen Geschichte der Stadt bzw. des Landes zählen. Im Geschichtsunterreicht macht man ebenfalls oft genug Ausflüge, bei denen man Plätze besucht, die nicht gerade mit wunderbaren Ereignissen verbunden werden.

Abgesehen davon, interessiere ich mich ja sehr für mystische Themen und alles was sich um Krimis dreht. In diesem Zuge werde ich bestimmt noch den ein oder anderen Orte besuchen, der zum schwarzen Tourismus zählt.

Für mich kommt es eben sehr stark darauf an, was ich aus dem Besuch dieser dunklen Orte mache. 

Ich frage mich gerne:

Was kann ich aus diesen Besuchen lernen? Aus welchen Gründen besuche ich diese Orte und entweihe ich sie durch meine Anwesenheit wirklich? Muss ich unbedingt ein Souvenir kaufen oder kann ich die Geschäftemacherei verringern indem ich keines kaufe? Oder brauchen diese Orte gerade finanzielle Unterstützung, damit sie als Denkmal erhalten bleiben können?

Für mich gilt: Außergewöhnliche Besuche einfach neu und bewusst zu bewerten
bzw. mir schon jetzt Gedanken zu machen, was zähle ich denn wortwörtlich zu schwarzen Tourismus und welche Besuche sind für mich etwas „ganz Normales.“

Also ja, ich werde sicher wieder Dark Tourist sein.

Wie seht ihr das? Lehnt ihr Dark Tourism komplett ab oder denkt ihr auch, dass es darauf ankommt was man aus dem Besuch dieser Orte macht? Wo zieht ihr die Grenze? Schreibt mir gerne in den Kommentaren oder auf Instagram. Falls euch der Beitrag gefallen hat, teilt ihn gerne.

Für ein umfassendes Verständnis solltet ihr den ersten Teil meines Beitrages zum schwarzen Tourismus lesen.

Bis bald. Danke für´s Lesen!

Lisa

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